Riesenfreude an der Wassermühle Karoxbostel: Der Zentralverband des Deutschen Handwerks und die Deutsche Stiftung Denkmalschutz haben der Wassermühle Karoxbostel sowie den beteiligten Handwerksfirmen und Handwerkern den Sonderpreis des Bundespreises für Handwerk in der Denkmalpflege, den „Wolfgang und Ursula Engelbarts Förderpreis“, für die herausragende Qualität der denkmalgerechten handwerklichen Leistungen bei der Restaurierung des Denkmal-Ensembles Wassermühle Karoxbostel verliehen.
Der Bundespreis für Handwerk in der Denkmalpflege wird vom Zentralverband des deutschen Handwerks und der Deutschen Stiftung Denkmalschutz verliehen. In jedem Jahr werden die Preise nur in jeweils zwei Bundesländern vergeben. 2020 waren es Niedersachsen und Sachsen. Zusätzlich zur Wassermühle und ihren Handwerkern erhalten noch die Restauratorin im Handwerk Sabine Pfanne- Dreesen aus Ohlendorf, der Mühlenbaubetrieb Pätzmann aus Winsen, die Reetdachdeckerei Uwe Behr aus Scharmbeck und die Kunstschmiede Egon Engber aus Karoxbostel einen gesonderten Bundeshandwerkerpreis. Die offizielle Preisverleihung sollte am 3. November in Hannover durch Ministerpräsident Stefan Weil erfolgen. Durch die Corona Pandemie musste die Preisverleihung leider abgesagt werden. „Wir wollen die Preisverleihung im nächsten Frühjahr an der Mühle nachholen. Dann sind die Corona-Zahlen hoffentlich so gesunken, dass wir eine Veranstaltung verantworten können“, hofft die Vereinsvorsitzende Emily Weede. Auch Landrat Rainer Rempe sieht die besondere Bedeutung des Bundeshandwerkspreises für den Landkreis Harburg: „Ich freue mich ganz besonders, dass mit diesem Preis nicht nur die Wassermühle Karoxbostel und der große Einsatz der vielen ehrenamtlichen Helfer des Mühlenvereins, sondern ausdrücklich auch die beteiligten Handwerksunternehmen und ihre herausragende Arbeit bei der denkmalschutzgerechten Instandsetzung der Gebäude ausgezeichnet werden. Es ist beeindruckend zu sehen, was die Gewerke hier geleistet haben. Die Handwerksbetriebe in der Region sind nicht ohne Grund Rückgrat und Motor der wirtschaftlichen Entwicklung im Landkreis und leisten einen zentralen und wertvollen Beitrag für das Wachstum in unserer Region,“ betont der Landrat in seinem Glückwunsch an den Verein.
Dem Karoxbosteler Mühlen-Vorstand war es von Anfang an wichtig, ortsansässige Handwerksbetriebe für die Restaurierung zu gewinnen. „Die Betriebe und die Handwerker haben sich in einer unglaublichen Weise engagiert! Sie haben die alten Handwerkstechniken in großartiger Weise ausgeführt und das obwohl nur die Restauratorin im Handwerk Sabine Pfanne- Dreesen, der Mühlenbaubetrieb Pätzmann, die Reetdachdeckerei Behr und die Kunstschmiede Egon Engber Erfahrung mit der Restaurierung denkmalgeschützter Gebäude hatten“, erklärt der ehemalige Denkmalpfleger des Landkreises Wolfgang Küchenmeister. „Manchmal haben wir fast unmögliches von den Betrieben verlangt. Beispielsweise musste unser Zimmerermeister Andreas Brauel das Angebot für die gesamte Mühlengebäude schreiben, ohne das oberste Stockwerk betreten zu können. Nicht nur die Restaurierung ist perfekt gelungen sogar das Angebot stimmte auf 60 Euro genau“, ergänzt die Schatzmeisterin des Mühlenvereins Christina Dohrmann. Auch die Seevetaler Bürgermeisterin Martina Oertzen freut sich über den Bundespreis: „Die Auszeichnung mit dem Sonderpreis des Bundespreises für Handwerk in der Denkmalpflege ist eine ganz herausragende Belohnung des Engagements der Mühlenretter. Zeigt sie doch, wie tief die Wassermühle und ihre Akteure in unserer Region verwurzelt sind. Über 20 namhafte Betriebe aus der Region, davon allein 15 Betriebe aus Seevetal, dürfen sich zurecht mit dem Preis und mit dem sichtbaren geschaffenen Werk an der Wassermühle im Herzen unserer Gemeinde schmücken. Ich bin stolz auf dieses Zeichen der Verbundenheit!“
Auch der Bundestagsabgeordnete Michael Grosse-Brömer (CDU) aus Brackel würdigt den Verein und seine Handwerker in seiner Gratulation: „Dass die Anlage heute wieder in diesem Glanz erscheint, ist der Vereinsvorsitzenden Emily Weede und „ihren“ mittlerweile über 1.200 engagierten Vereinsmitgliedern zu verdanken. Die Vereinsmitglieder haben nicht nur in unzähligen Stunden selbst Hand angelegt, sondern mit ihren regionalen Netzwerken auch dazu beigetragen, dass über 20 örtliche Handwerksbetriebe am, im und um das Objekt herum tätig geworden sind.“ Seine Bundestagskollegin Svenja Stadler (SPD) aus Fleestedt ergänzt: „Die Errungenschaften des Vereins Wassermühle Karoxbostel auch und insbesondere in Kooperation mit Handwerkern aus der Region werden mit dieser seltenen Auszeichnung vollkommen zurecht gewürdigt. Emily Weede und ihre Mitstreiter konnten für die Restaurierung der Mühlengebäude viele engagierte Handwerksbetriebe gewinnen, die hier ihr Können unter Beweis stellten. Mit dem Bundeshandwerkerpreis für vier der am Wiederaufbau der Mühle beteiligten Betriebe wird diese tolle Auszeichnung noch gekrönt.“
Kaum jemand hätte zu Beginn des Projekts Wassermühle Karoxbostel 2012 damit gerechnet, dass aus dem fast zu Ruinen verfallenen Denkmal-Ensemble tatsächlich ein lebendiger Ort der Begegnung und ein außerschulischer Lernstandort in einer Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) werden würde. Damals mussten die Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten schnell beginnen, um einen Total-Verlust des Ensemble zu verhindern. Das Denkmal-Ensemble sollte nach Abschluss der Restaurierung voll nutzbar sein, trotzdem verfolgte der Verein Wassermühle Karoxbostel e.V. von Beginn an ein museales Konzept. Dabei ist eine größtmögliche Authentizität der Gebäude erhalten worden. Aber nicht nur das Wecken der Begeisterung für Denkmalschutz und Pflege bei den Handwerksbetrieben der Region hatte das Projekt Wassermühle zum Ziel: Auch die ehrenamtlichen Helfer wurden von der Restauratorin im Handwerk Sabine Pfanne-Dreesen, dem ehemaligen Denkmalpfleger des Landkreises Wolfgang Küchenmeister und dem Oberkonservator des Landesamtes für Denkmalpflege Dr. Klaus Püttmann bei den einzelnen Sanierungsschritten unterstützt. Unverzichtbar bei der Wiederherstellung und der Instandsetzung der Mühlen- und der Sägerei-Technik waren die Kenntnisse des erfahrenen Müllermeisters Franz Rosenkranz und des erfahrenen Schlossermeisters Rolf Nagel. Mittlerweile sind an der Wassermühle Karoxbostel 29 freiwillige Müller ausgebildet worden, die eine Prüfung vor einer Kommission der Mühlenvereinigung Niedersachsen-Bremen ablegen mussten. Das erworbene Zertifikat ist Voraussetzung für den fachgerechten Betrieb und die Wartung der historischen Maschinen und der gesamten Anlage. 2019 wurden zudem 21 freiwillige Sägemüller ausgebildet. Der Bundespreis des Handwerks in der Denkmalpflege ist nach dem Landespreis für Denkmalpflege der Niedersächsischen Sparkassenstiftung 2017 und dem Deutschen Preis für Denkmalschutz 2018 der dritte bundesweit bedeutende Preis für das Denkmal-Ensemble Wassermühle Karoxbostel. Erst im vergangenen Monat war die Vorsitzende des Vereins mit dem Niedersächsischen Ehrenamtspreis für Denkmalpflege der Bingo-Umweltstiftung ausgezeichnet worden.